ISTAF INDOOR Berlin: 1.500 Fans feiern die Leichtathletik

6. Februar 2022

Die Latte tanzte auf und ab – und fiel dann doch noch zu Boden: Ganz knapp verpasste Armand Duplantis beim ISTAF INDOOR in der Berliner Mercedes-Benz Arena einen neuen Weltrekord. Der weltbeste Stabhochspringer schenkte den 1.500 Berlinern dennoch einen neuen Meetingrekord. Und zu feiern hatten die Leichtathletik-Fans noch zahlreiche weitere Top-Leistungen, unter anderem einen Südamerika-Rekord über 60 Meter Hürden und einen spannenden Weitsprung-Wettbewerb.

Armand Duplantis reckte die Hände in die Höhe, die Flammenwerfer spuckten als Zeichen eines gültigen Sprungs schon Feuer und der Weltrekord-Jubel lag den 1.500 Fans in der Mercedes-Benz Arena beim ISTAF Indoor auf den Lippen. Doch die neue Stabhochsprung-Bestmarke (6,19 m) sollte an diesem Abend ganz knapp nicht fallen. Der Schwede hatte die Latte nur hauchzart mit dem Oberkörper berührt. Das genügte.

Jubeln durfte der beste Stabhochspringer der Welt trotzdem. Über 6,03 Meter und den neuen Meetingrekord. „Ich habe alle Teile des Puzzles zusammen, um Weltrekord zu springen. Die Zuschauer haben wirklich viel für mich getan. Ich habe es wirklich genossen, in Berlin zu sein, und es ist nicht das letzte Mal gewesen“, so Armand Duplantis. In einem spektakulären Wettkampf belegte KC Lightfoot mit starken 5,92 Metern Rang zwei. Der Sechs-Meter-Springer aus den USA hatte Armand Duplantis zwischenzeitlich sogar die Führung abgeknöpft.

Eine blitzsaubere Serie legte Oleg Zernikel auf Rang drei hin. Der Deutsche Meister vom ASV Landau meisterte alle Höhen bis einschließlich 5,81 Meter im ersten Versuch. Damit steigerte er seine Hallen-Bestleistung um neun Zentimeter und schaffte exakt die Norm für die Hallen-WM Mitte März in Belgrad. „Die Sprünge haben sich extrem gut angefühlt. Es ist ein gutes Zeichen, dass ich heute jede Höhe im ersten Versuch geschafft habe. Jetzt muss ich meine Kräfte sparen, um bei den nächsten Wettkämpfen schneller auf 5,80 oder sogar 5,90 Meter zu kommen“, freute sich Oleg Zernikel nach seiner Bestleistung.

Erstmals in dieser Saison startete Malaika Mihambo von der LG Kurpfalz in einem Weitsprungwettbewerb, nachdem sie zum Aufwärmen den 60-Meter-Vorlauf genutzt hatte. Allerdings hatte sie Probleme, die unterschiedliche Lauftechnik umzusetzen. „Ich konnte es erst zum fünften Versuch korrigieren. Dort gelang ihr der erste gültige und letztlich beste Durchgang mit 6,66 Meter. Das reichte zu Rang drei weitengleich mit der Zweiten Merle Homeier von der LG Göttingen, die einen starken Wettkampf zeigte und ihre Hallenbestleistung um zehn Zentimeter steigerte. Den Sieg sicherte sich die Dritte der vergangenen Hallen-EM, die Schwedin Khaddi Sagnia mit 6,68 Metern.

Der Sprint-Cäsar auf der Laufbahn hieß in Berlin Marcell Jacobs. Der 100-Meter-Olympiasieger aus Italien stürmte dem 60-Meter-Feld voraus und siegte spielend in 6,51 Sekunden. Damit revanchierte er sich für die Niederlage vor einem Jahr gegen Arthur Cissé (Elfenbeinküste), der sich mit 6,60 Sekunden Platz zwei vor Jimmy Vicaut (Frankreich; 6,61 sec) sicherte. Der deutsche Rekordhalter Kevin Kranz schrammte als Vierter in 6,62 Sekunden knapp am Podium vorbei.

„Letztes Jahr habe ich meine Saison in Berlin begonnen und es war der Beginn eines unvergesslichen Jahres. Es war also ein guter Grund, hier wieder anzufangen. Ich bedanke mich bei allen, die hier sind, und hoffe auf eine noch bessere Saison“, erklärte Doppel-Olympiasieger Marcell Jacobs, der bei seinem Saisoneinstand nur vier Hundertstel an seiner Bestzeit vorbeischrammte.

Bei den Frauen zeigte Daryll Neita eine Gala-Vorstellung. Die Bronzemedaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen mit der britischen Sprintstaffel stürmte im Vorlauf (7,18 sec) und im Finale (7,15 sec) gleich zu zwei neuen Bestzeiten über 60 Meter. „Ich bin sehr zufrieden. 2021 habe ich meine Saison in Berlin mit dem 100-Meter-Sieg beim ISTAF beendet. Es war also großartig, zurückzukommen und auch noch zu gewinnen. Ich glaube, Berlin hat etwas Besonderes für mich. Ich liebe es“, jubelte die Britin nach ihrem doppelten Bestzeit-Coup.

Auch die Italienerin Zaynab Dosso (7,28 sec) und Sophia Junk (7,29 sec) als Dritte nutzten die schnelle blaue Bahn zu neuen Bestzeiten. Die 22-Jährige von der LG Rhein-Wied blieb damit sogar eine Hundertstel unter der Hallen-WM-Norm für Belgrad. „Mit einer Bestleistung kann man stolz sein, das Publikum hat mich total beflügelt“, so Sophia Junk.

Drei Hundertstel dahinter sortierte sich Sprint-Ass Gina Lückenkemper bei ihrem ersten Hallenrennen nach 1099 Tagen auf Platz fünf ein. „Im Vorlauf hat mir das Feuer gefehlt, im Finale lief es besser. Für die ersten Hallenrennen nach drei Jahren kann ich zufrieden sein. Klar waren die Rennen ausbaufähig, aber ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte die Vize-Europameisterin nach dem Aufritt bei ihrem Lieblingsmeeting.

Eng ging es zu im Finale über 60 Meter Hürden, zumindest bis kurz vor die Ziellinie. Nach der letzten Hürde setzte sich Aurel Manga leicht ab, der Franzose siegte in 7,62 Sekunden. Die weiteren vier gestarteten Hürdensprinter liefen innerhalb von zwei Hundertstelsekunden ein. Drei Tausendstelsekunden trennten den Niederländer Koen Smet und Rafael Pereira aus Brasilien, der im Vorlauf den südamerikanischen Rekord auf 7,58 Sekunden gedrückt hatte (beide 7,68 sec). Vierter wurde der frühere Hallen-WM-Fünfte Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen/7,69 sec). Über 60 Meter Hürden blieb bei den Frauen Reeta Hurske aus Finnland als einzige Sprinterin unter acht Sekunden (7,99 sec). Zweite wurde die Niederländerin Zoe Sedney (8,05 sec) vor Hurskes Landsfrau Nooralotta Neziri (8,08 sec).

Meeting-Direkor Martin Seeber: „Ein herzliches Dankeschön an die Athletinnen und Athleten und an die Fans, dass sie Berlin diesen tollen Leichtathletik-Abend geschenkt haben. In diesen herausfordernden Zeiten war das ISTAF INDOOR in der Sportmetropole ein wunderschöner Lichtblick.  Wir haben überragend Leistungen erlebt – und der Weltrekord im Stabhochsprung hat sprichwörtlich gewackelt.“

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